Freitag, 31. Oktober 2014

3 Dinge, die wir Deutschen tun können statt ständig zu nörgeln.

Willkommen im Land der Poetry-Slammer und Nörgler…


Nach 3 Wochen in den USA kam ich beschwingt in Deutschland an. Ich habe einiges über Bildung, über Business und auch über mich selbst gelernt.


Daneben wurde mir vor allem eine Sache bewusst: Wie sehr ich die Freundlichkeit, Offenheit und die positive Einstellung der US-Amerikaner in Kalifornien und Oregon genossen habe.


Schon im Flugzeug zurück nach Deutschland bemerke ich ein anderes Energie-Level. “Hier müssen wohl viele Deutsche drin sitzen”, denke ich nur und schäme mich im nächsten Moment fast für meinen Gedanken.


Ich unterhalte mich mit dem Physiker neben mir. Sehr klare Vorstellungen hat der junge Mann. Meine Vorstellung von Bildung und meinen Lebens- und Lernweg kann er nicht wirklich nachvollziehen…nichts für ungut.


Kaum verlasse ich das Flughafengelände und sitze im Bus, sehe ich viele grimmige Gesichter. Es wird kaum gesprochen.


Ich spüre wie sich meine [happy] nach oben gerichteten Mundwinkel langsam senken.


“Oo…”, denke ich nur.


Meine Reise führt mich vom Frankfurter Flughafen in den Süden Bayerns zu meiner Trainerausbildung in gewaltfreier Kommunikation. Ich freue mich auf die entspannte Zugfahrt.


Kaum komme ich am Bahnsteig an, höre ich auch schon die ersten Nörgler:


“Der Zug ist fünf Minuten zu spät. Das war ja mal wieder klar.”


Später sitze ich entspannt im Zug und lese. Der Zug hat Verspätung (mittlerweile mehr als fünf Minuten) und ich bekomme Hunger. Ich wanke mit der Bewegung des ICEs in den Speisewagen.


Dort angekommen nörgelt die Frau neben mir, weil es keinen Flammkuchen mehr gibt. “Kein Wunder, dass niemand mehr Bahn fahren will, wenn die immer zu spät kommen und nicht das haben, was wir wollen.”


Aus irgendeinem Grund muss ich innerlich grinsen. Gleichzeitig spüre ich Traurigkeit.


Ich atme ein mal tief ein und aus.


“Ihr armer Sohn”, denke ich nur, “der wird auch mal ein prima Nörgler werden….”


Mit der Bewegung des ICEs schwanke ich zurück zu meinem Platz.


Unterwegs überlege ich, warum wir Deutschen eigentlich so viel meckern – und vielmehr: Was wir stattdessen tun könnten.


Hier sind 3 Methoden zur direkten Anwendung und Weitergabe bei der nächsten Nörgel-Attacke:


1) Dankbar sein


Sind wir mal ehrlich: Wir nörgeln meist auf verdammt hohem Niveau.


Typische first world problems sind das über die wir uns so richtig aufregen können.


Der Zug kommt fünf Minuten zu spät. Im Restaurant gibt es keinen Ketchup mehr. Die Schlange an der Supermarktkasse ist schon wieder so lang.


13941544468_1e4db1b6bd_zStatt unsere Energie in eine innerliche oder äußerliche Nörgelattacke zu investieren, können wir kurz einen Moment innehalten.


Ich erinnere mich noch gut an meine Busfahrten in Nicaragua: Mit den alten ausgemusterten US-amerikanischen “Chicken-Buses” ging es quer durchs Land. Die Straßen sind holprig. Die alten Motoren dröhnen so laut, dass sie beim Vorbeigehen auch mal leicht einen Gehörschaden verursachen können.


Beine ausstrecken ist nicht. Oft sind die Busse so voll, dass man dicht an dicht gedrängt steht. Und das bei locker 35 Grad und einer Luftfeuchtigkeit, die gefühlt jedes Thermometer in die Luft gehen lässt.


100 Kilometer im Bus dauern da mal gut drei Stunden. Oder auch mehr. Denn es kann gut sein, dass unterwegs mal der Motor ausgeht. Dann wird das Werkzeug-Set rausgeholt und geschraubt. Es dauert also noch länger.


In Deutschland bin ich mit dem ICE oder auch mit dem Intercity in einer Stunde da. Ich muss nicht drei Stunden stehen, schwitze nicht wie ein Steppenhengst und muss daher auch nicht gleich wieder teures neues Axe-Deo in Nicaragua kaufen…


So sehr ich die Busfahrten in Nicaragua genossen habe und jede einzelne ein Abenteuer für sich war…


Ich warte gerne 5 Minuten auf den ICE.


Es ist ein echtes ein Privileg so schnell, umweltfreundlich und bequem mit dem Zug reisen zu können.


Millionen von Menschen würden sich gerne den Luxus leisten im Supermarkt in der Schlange zu stehen.


Ja, es würde ihnen ein breites Grinsen auf ihr Gesicht zaubern, da bin ich mir sicher.


Ein starker Ted-Talk zum Thema Dankbarkeit ist übrigens der hier.


[Danke an meinen Kumpel Basti für die Erinnerung an den Talk.]


2) Verständnis üben


Oftmals denken wir zuerst an uns selbst.


Und dann an uns.


Ähem.


Wir hören die Durchsage “Lädies and chentelmän, our train from Munich to Berlin via Hannover and Bremen (oder whatever) will depart 5 minutes later….”


Der erste Reflex ist oft (gerne auch in Gedanken):


“War ja mal wieder klar…diese Bahn… dann komme ich ja wieder so spät an, ich hab doch Termineeeee!!”


Doch die Durchsage geht noch weiter: “… today from platform two.”


Und wir Deutschen so:


“Und jetzt auch noch das Gleis wechseln…altaaaa, geht’s noch!?”


Jaja, die Bahn…die arme Deutsche Bahn.


Wenn ich einen Beruf nicht ausprobieren wollte, dann ist es Schaffner bzw. Kontrolleur zu sein in einem verspäteten Zug der Deutschen Bahn. (Also in gar keinem…)


Ich will gar nicht auf der Bahn rumhacken. Ich fahre sehr gerne Bahn. Ehrlich gesagt: Ich liebes es sogar Bahn zu fahren. Ich finde es gibt kaum eine angenehmere Art und Weise zu reisen.


In der Bahn kann ich lesen, aus dem Fenster schauen, nachdenken, durch die Wagen wandern, essen, auf Klo gehen – was will ich mehr?


Das Schienennetz der Bahn ist riesig. Und sicherlich gibt es an der einen oder anderen Stelle Verbesserungspotential.


Was wir bedenken sollten: Die Bahn managt jeden Tag über 6 Millionen Reisende. Das ist eben kein Kindergarten-Ausflug mehr.


Das vergessen wir in dem Moment der Durchsage oft. Es sind auch nur Menschen, die bei der Bahn arbeiten. Die Technik spielt uns Menschen eben immer wieder mal einen dreisten Streich – und auf die Bahn scheint sie es besonders abgesehen zu haben…


Vielleicht denken wir also das nächste Mal einfach an die vielen tausend Bahn-Mitarbeiter, die für uns schwitzen und sich alle Mühe geben, dass der Zeitplan eingehalten wird.


Oder wir nutzen die Verspätung und holen uns einen Kaffee, rufen kurz einen alten Freund an bei dem wir uns schon länger nicht gemeldet haben oder lesen noch einen Artikel auf Anti-Uni, den wir vielleicht noch nicht kennen.


Du hast eine andere Idee? Hau sie in die Kommentare!


3) Unser Bedürfnis erkennen und eine andere Strategie wählen.


Vielleicht erinnerst du dich noch an die Mutter aus dem Speisewagen aus der Einleitung dieses Artikels: Die Mutter, die gerne einen Flammkuchen essen wollte.


Vielleicht hat sie sich schon auf den großartigen und berühmt-berüchtigten DB-Flammkuchen (ist echt ganz okay) gefreut. Vielleicht hatte sie aber auch einfach nur Hunger.


Jedenfalls ging ihr Plan einen Flammkuchen zu essen nicht auf. Und das erzürnte sie doch sehr.


Im Leben machen wir immer wieder Pläne. Oft setzen wir uns Dinge in den Kopf und rechnen fest damit, dass sie auch so ablaufen.


Und wie das Leben nun mal so spielt werden unsere Pläne immer öfter durchkreuzt. Sie werden durchkreuzt von Dingen, die wir so nicht erwartet hätten oder einfach nicht vorhersehen konnten.


Wenn ich eine Sache gelernt habe in den letzten Jahren dann ist es: Nichts ist sicher.


Das klingt zunächst beängstigend.


Unser Geld ist nicht sicher. Unsere Jobs noch weniger. Dass wir einen Job bekommen nur weil wir einen Bachelor haben noch viel weniger. Und der Vorrat an Flammkuchen in den Speisewagen der Deutschen Bahn auch nicht.


Die Pläne, die wir machen sind selten sicher.


Dabei kommt es ganz auf den Blickwinkel an.


Unsicherheit kann eine Chance sein.


Nehmen wir zunächst die Unsicherheit unserer Jobs. Klar ist das beängstigend. Es ist krass zu lesen, dass in den nächsten 20 Jahren jeder zweite (!) heute existierende Job wegfallen könnte – und dann von Maschinen, Robotern oder Algorithmen ausgeführt werden könnte.


Das kann einem ganz schön Angst machen. Genau wie die Inflation. Oder die akademische Inflation.


Gleichzeitig bieten alle diese beängstigenden Situationen auch Chancen.


Wenn immer mehr Aufgaben durch Software oder Roboter erledigt werden, dann ist das doch eine großartige Chance über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu diskutieren (ohne dass ich mich hiermit dafür oder dagegen ausspreche – dafür weiß ich einfach zu wenig darüber).


Oder darüber, dass in einer Null-Grenzkosten-Gesellschaft der Kapitalismus vielleicht wirklich an seine Grenzen stößt?


Oder Unternehmer, Blogger, oder was auch immer zu werden.


Wenn es uns gelingt unsere Bedürfnisse wahrzunehmen, dann merken wir, dass es meist mehr als eine Strategie gibt uns diese Bedürfnisse zu erfüllen.


Nehmen wir die Frau aus dem Speisewagen: Sagen wir sie hatte einfach nur Hunger. Und der Flammkuchen lachte sie an. Der ist leider aus. Hunger hat sie also immer noch.


Nächste Strategie: Vielleicht gibt es ja noch einen gemischten grünen Salat. Oder eine Wiener mit Brötchen.


Es gibt immer einen anderen Weg – oder eine andere Strategie.


Wir dürfen offen für sie sein.


 


 


Was sind deine Anti-Nörgel-Strategien und wie gehst du mit Nörglern oder gar Energie-Vampiren um?


 


 


 


 


Bilder: Beitragsbild 1 / Beitragsbild 2 / Beitragsbild 3


3 Dinge, die wir Deutschen tun können statt ständig zu nörgeln.